Kidai Shoran – Vortrefflicher Anblick unseres prosperierenden Zeitalters – ist der Titel einer über 12 Meter langen und rund 44 cm hohen Bildrolle aus Japan. Das kulturgeschichtlich einzigartige Kunstwerk eines bislang unbekannten Malers zeigt die damals bedeutendste Einkaufsstrasse von Edo, dem heutigen Tokyo. Mit mehr als 1000 Figuren, rund 110 Restaurants, Teestuben und Geschäften, diversen Marktständen und sogar einer Baustelle, illustriert die mit Tusche und Farben gemalte Querrolle den Alltag und das gesellschaftliche Leben in Japan um 1805. Das Original befindet sich übrigens im Museum für Asiatische Kunst in Berlin.
Das Projekt
Ganze 14 Jahre dauerte mein Projekt; angefangen 2006 mit Entwürfen für die Gestaltung. Für die Medaillons auf dem Deckel, am Fuss und Hals der Vase suchte ich passende Dekors, die in Japan der Edo-Zeit für Arita- und Imari-Porzellan verwendet wurden. Aus der Bildrolle Kidai Shoran die schönsten Szenen zu wählen, erwies sich jedoch als schwierig: Natürlich hatte ich meine Favoriten wie zum Beispiel die spektakuläre Baustelle oder die malerische Bogenbrücke, die Porzellanläden oder bestimmte Menschengruppen, aber statt 12 Meter Länge hatte ich bloss gut 1 Meter Vasen-Umfang zur Verfügung. Der Entscheid für eine bestimmte Szene stand oder fiel allerdings auch damit, wie sich diese auf einer oben weiter und unten enger gewölbten Oberfläche stimmig mit anderen zusammensetzen liess.
Auf der Vase mit einem Umfang von 104 cm und einer Gesamthöhe (mit Deckel) von 58 cm sind insgesamt 202 Personen, ca. 2,5 bis 3 cm gross, abgebildet – vorausgesetzt, ich habe mich nicht verzählt. Obwohl die Umsetzung mir unglaublich Spass machte, gab es aus verschiedenen Gründen zwischendurch auch mehrere Jahre, an denen das Projekt vollständig ruhte, die Vase sicher in einer Plastiktonne verwahrt. Dass ich das Projekt dann aber so lange nicht beendete, lag wohl eher am – dem chinesischen Philosophen Konfuzius zugeschriebenen – Sprichwort: Der Weg ist das Ziel.
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In Tokyo kann ein 17 Meter langes originalgetreues Wandgemälde bestaunt werden, und zwar an einem ganz ungewöhnlichen Ort, wie dieses Youtube-Filmchen zeigt: in der U-Bahn-Station Mitsukoshi-mae.
Auch ganz witzig finde ich diese zeitgenössische Umsetzung. Quizfrage: Wer findet all die Szenen, die auch auf meiner Vase verewigt wurden?
Und wer noch nicht genug gesehen hat: Hier noch eine Detailansicht aus der U-Bahn-Station Mitsukoshi-mae.